Sexy. Sexier. Nachhaltig.
- gek882
- 16. Juni
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 17. Juni
Wie smarte Konzepte und kluge Kommunikation Wandel in der Gemeinschaftsverpflegung möglich machen. Und warum Nachhaltigkeit heute das attraktivste Angebot ist.
In der Gemeinschaftsverpflegung zeigt sich ein vertrautes Spannungsfeld: Einerseits wünschen sich viele Gäste gesunde, klimafreundliche und zeitgemäße Speisen. Andererseits reagieren sie empfindlich auf alles, was ihre Gewohnheiten in Frage stellt. Die sogenannte Attitude-Behavior-Gap beschreibt die Kluft zwischen unseren Werten und unserem Verhalten. 70 % sprechen sich für eine Mehrwegpflicht in der Gastronomie aus – und die gleiche Anzahl an Menschen hat noch nie Mehrweg in der Gastronomie genutzt. Knapp 70 % sind für die Abschaffung der Massentierhaltung – aber nur 3% ernähren sich vegan. So sind wir eben. Entscheidend ist daher nicht nur das „Was“ in Ihrem Angebot, sondern das „Wie“ Ihrer Präsentation.
Doch intern ist es ähnlich kompliziert. Geschäftsführung, Küchenleitung und Team stehen unter Kostendruck, leiden unter personellen Herausforderungen und scheuen die Transformation. Wohlklingende Allgemeinplätze wie „Wir wollen niemanden bevormunden“ dienen als Nebelkerze, um am Status Quo festzuhalten. Dessen Auswirkungen kennen wir längst, blenden sie aber allzu gern aus. Dies ist nur allzu verständlich, betrachtet man Nachhaltigkeit als lästige, moralisch aufgeladene Zusatzaufgabe. Kompliziert, teuer, riskant. Was aber, wenn sie ein mächtiger wirtschaftlicher und gestalterischer Hebel ist?
Wandel als Geschenk
Erfolgreiche Betriebe zeigen: Wer Wandel als Geschenk verpackt, erreicht Gäste bei ihren Sehnsüchten und Bedürfnissen. Stellen Sie den persönlichen Vorteil Ihrer Gäste in den Vordergrund. Damit machen Sie klar, dass nachhaltige Ernährung kein Entweder-oder bedeutet.
Beispiel Dussmann Food Services: Mit dem Slogan „Iss besser für Dich! Iss besser für den Planeten!“ stellen bundesweit 50 Betriebsrestaurants ihr Angebot schrittweise auf die Prinzipien der Planetary Health Diet um. Die Anrichtung der saisonalen Angebote auf farbenfrohen Tellern und die bunte Vielfalt an Gerichten machen Lust auf Wandel. Mit der Frage „Normal? Oder wie früher?“ wird die kommende neue Normalität vorweggenommen: Hier ist die pflanzliche Version der Gerichte normal, die Fleischversion „wie früher“.
Vertrautes als Türöffner
Nutzen Sie vertraute Geschichten als Brücke zum Neuen. Regionalität ist ein starkes, hochemotionales Argument, das man klug umlenken kann: vom regionalen Rindfleisch zum regionalen Beet Bourguignon auf cremigem Kartoffelstampf – mit geschmorter Rote Bete als Star. Das ist auch regional. Auch deftig. Nur klimafreundlich.
Aber ist Regionalität nicht ohnehin klimafreundlich? Nein: Der Transport macht bei den meisten Lebensmitteln weniger als 5 % der Gesamtemissionen aus. Bei Rindfleisch liegt er sogar unter 1 %. Was das Klima betrifft, ist entscheidend, was wir essen – nicht, woher es kommt.
Jeder kleine Schritt zählt
Sie möchten ohne riesiges Budget ins Handeln kommen? Hier drei kleine, aber wirkungsvolle Impulse:
Beschreiben Sie Gerichte so, wie sie erlebt werden sollen. Statt „Klimateller“ lieber „Feelgood-Gericht des Tages“.
Legen Sie den Fokus auf das Anrichten: Wie wird ein pflanzlicher Teller mit den wenigen Handgriffen, die in der Gemeinschaftsverpflegung zur Verfügung stehen, instagrammable?
Setzen Sie pflanzliche Gerichte als Standard, Tierisches als Zusatz. Die Nachfrage verschiebt sich automatisch und mit ihr das Verhältnis von pflanzlichen zu tierischen Zutaten.
Für Ihren Betrieb ist diese Entwicklung auch wirtschaftlich interessant. Pflanzliche Gerichte lassen sich häufig günstiger kalkulieren, sind länger haltbar, einfacher zu lagern und flexibler in der Zubereitung.
Das attraktivste Angebot ist eines, das allen und allem gut tut. Sie gestalten Lebensqualität. Für Ihre Gäste, Ihr Team, für den Planeten. Darum ist Ihre Arbeit so wertvoll.
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Ein Gastbeitrag von Balázs Tarsoly
Balázs Tarsoly ist Restaurantmarken-Experte, Gründer der Agentur Branding Cuisine und Autor des im März 2025 erschienenen Buches „Zukunftsküche – Nachhaltigkeit als Erfolgsrezept für die Gastronomie“. Seit fast 20 Jahren ist Balázs in der Markenentwicklung im Bereich der Systemgastronomie tätig. Mit seinem preisgekrönten Gespür für Design und Markenkommunikation begleitet er Gastronom*innen dabei, zukunftsfähige Konzepte zu entwickeln. „Als Kreativer sehe ich mich in der Verantwortung, mein Designerdenken und Verständnis für Food, Branding und Nachhaltigkeit einzusetzen, um den Wandel hin zu einer enkeltauglichen Ernährungswirtschaft mitzugestalten und voranzutreiben,“ so der Autor.
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„Zukunftsküche“ gibt Gastronom*innen Werkzeuge an die Hand, um nachhaltige Praktiken umzusetzen, die nicht nur Umweltbelastungen reduzieren, sondern gleichzeitig die Attraktivität des Betriebs steigern – bei den Gästen ebenso wie im eigenen Team und bei potenziellen Mitarbeitenden.

Der Leitfaden bietet:
Eine klare, praxisorientierte Definition von Nachhaltigkeit anhand des eigens entwickelten S.M.A.R.T.-Rezepts.
Eine Schritt-für-Schritt-Anleitung, wie Gastronom*innen nachhaltige Transformation flexibel und individuell umsetzen können.
Inspirierende Best Cases aus der Praxis, die nicht zuletzt anhand ausführlicher Interviews mit erfolgreichen Playern der Branche zeigen, dass Nachhaltigkeit nicht nur notwendig, sondern auch wirtschaftlich erfolgreich sein kann.
Workshops am Ende der Umsetzungskapitel, um das Gelernte direkt auf den eigenen Betrieb zu übertragen.
Das Buch vereint drei Kernkompetenzen, die für eine erfolgreiche Transformation essenziell sind:
Wissenschaftlich fundiertes Wissen zu ökonomischen Potenzialen, Umwelt, Gesundheit und ethischen Aspekten der Gastronomie.
Praktisches Verständnis für die Anforderungen und Herausforderungen im gastronomischen Alltag.
Expertise in Markenentwicklung, Marketing und Kommunikation, um Nachhaltigkeit sichtbar und erlebbar zu machen.
Das Fachbuch hat 304 Seiten mit vielen Abbildungen, kostet 42 Euro und ist im DFV unter folgendem Link erhältlich: Balázs Tarsoly: Zukunftsküche
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